Die demokratische Legitimation der sozialen Selbstverwaltung ist seit Jahrzehnten Gegenstand rechtswissenschaftlicher und gerichtlicher Kontroversen. Besonders umstritten ist innerhalb des Gesamtsystems der sozialen Selbstverwaltung der Gemeinsame Bundesausschuss. Diese auch als »kleiner Gesetzgeber« bezeichnete Organisation, die von den vier großen Organisationen der sozialen Selbstverwaltung im Gesundheitswesen getragen wird, ist vor allem deshalb in den Fokus verfassungsrechtlicher Kritik geraten, weil der Gesetzgeber ihr in den letzten Jahren zunehmend bedeutsame Steuerungsaufgaben im Bereich der Gesundheitsdienstleistungen zugewiesen hat. Die Untersuchung zeigt auf der Grundlage der neueren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, dass der Gesetzgeber durch die Weiterentwicklung des Rechtsrahmens für den Gemeinsamen Bundesausschuss eine ausreichende demokratische Legitimation geschaffen hat, bei der die eröffneten Entscheidungsspielräume vor allem für die sachgerechte Wissensgenerierung im Bereich der Gesundheitsdienstleistungen genutzt werden sollen.
Winfried Kluth, seit 1999 Inhaber eines Lehrstuhls für Öffentliches Recht an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. Von 2000 bis 2014 Richter des Landesverfassungsgerichts Sachsen-Anhalt. Seit 2002 Vorsitzender des Instituts für Kammerrecht. Seit 2012 geschäftsführender Direktor der Interdisziplinären Wissenschaftlichen Einrichtung Genossenschafts- und Kooperationsforschung (IWE GK) der Juristischen und Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät. Mitglied im Präsidium der Deutschen Gesellschaft für Gesetzgebung und der Deutschen Gesellschaft für Medizin und Recht.